Mal eben schnell auf dem Weg zur Arbeit die Kinder an der Schule absetzen oder unterwegs zu einem dringenden Termin – wer schneller vorankommen möchte, setzt gerne auf einen häufigeren Spurwechsel. In der Fahrschule haben wir es alle gelernt: Schulterblick nicht vergessen! Doch nur allzu oft geht im Stress die Routine aus der so oft geübten Reihenfolge schnell verloren. Innenspiegel, Außenspiegel, aber was ist mit dem Blick über die Schulter? Der tote Winkel wird leider so manches Mal nicht ernst genug genommen. Die Folge sind Jahr für Jahr etliche Unfälle, die mit einem Spurwechselassistenten vermieden werden könnten.
Die Gefahr im toten Winkel
Um etwas Zeit zu gewinnen, kann ein Spurwechsel durchaus sehr nützlich sein. Leider wird der Schulterblick im Stress schnell vergessen und schon ist es passiert. Man hat den anderen Verkehrsteilnehmer einfach nicht gesehen. Schuld daran ist meist der tote Winkel, der Bereich, der von Innen- und Außenspiegel nicht ausreichend erfasst wird. Ein Spurwechselassistent kann erheblich dazu beitragen, das Unfallrisiko zu minimieren. Ein aktiv ausgelegtes System macht Ihre Fahrmanöver deutlich sicherer. Der Spurwechselassistent übernimmt für uns die wichtige Aufgabe, das Geschehen rundum im Auge zu behalten und liefert uns wichtige Informationen, sodass der berühmt berüchtigte tote Winkel sozusagen verschwindet.
Seit wann gibt es Spurwechselassistenten?
Pionier war, wie so oft, wenn es um mehr Sicherheit geht, der schwedische Autohersteller Volvo. Mit dem 560er Volvo stellten sie 2004 erstmals ein Fahrzeug mit einem System vor, dass den Fahrer mittels Lichtsignal informierte, wenn es Bewegungen anderer Fahrzeuge im toten Winkel registrierte. Das Blind Spot Information System, kurz BLIS legte den Grundstein für eine Weiterentwicklung zuverlässiger Systeme, die den Fahrer beim Spurwechsel vor
drohenden Kollisionen warnen. Der erste Toter-Winkel-Assistent bzw. Spurwechselassistent war geboren.
Was genau ist ein Spurwechselassistent?
Im Laufe der Zeit wurden die elektronischen Helfer zur Eliminierung des toten Winkels deutlich verbessert. Heute arbeiten sie wesentlich genauer und können einen sehr viel größeren Bereich auf der Seite und hinter einem Fahrzeug erfassen. Der moderne Spurwechselassistent arbeitet mit Nahbereichsradarsensoren oder auch Mittelbereichsradarsensoren und zum Teil mit Laser- oder Kamera-Unterstützung. Seine meist im Heckbereich verdeckt angebrachten Sensoren erfassen einen Raum von bis zu 4 Metern auf der Seite des Fahrzeuges und bis zu 50 Metern nach hinten. Bei manchen Systemen ist es sogar möglich, bis zu 250 Metern zu überwachen.
An seine Grenzen stößt ein Spurwechselassistent, wenn es um das Befahren enger Kurven geht, da er nicht um die Ecke “sehen” kann. Auf dicht befahrenen Autobahnen oder im normalen Stadtverkehr erkennt er aber ohne Probleme herannahende Lkws, Pkws und Motorradfahrer.
Fast alle Automobilhersteller sind heute in die Fußstapfen von Volvo getreten und bieten das praktische Assistenzsystem an. Für maximale Sicherheit schaltet sich der Spurwechselassistent in der Regel bei einer Geschwindigkeit ab 30 km/h selbstständig ein.
Wie funktioniert ein Spurwechselassistent?
Der Spurwechselassistent verfügt über Sensoren, die den Bereich seitlich und hinter dem Fahrzeug überwachen. Er ist eine optimale Unterstützung für den Schulterblick, da er auch die Dinge erfassen kann, die sich für den Fahrer im toten Winkel befinden. Dies bedeutet einen wesentlich höheren Schutz, vor allem für schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer.
Ein moderner Spurwechselassistent ist in der Lage, Differenzgeschwindigkeiten zu messen und auszuwerten. Bei sich schnell nähernden Objekten wird so dementsprechend früher gewarnt. Der Spurwechselassistent arbeitet mit einem sensiblen Steuergerät, dass nicht nur zwischen auf gleicher Höhe fahrenden, näherkommenden und zurückfallenden Fahrzeugen unterscheiden, sondern auch den Zeitpunkt einer möglichen Kollision berechnen kann.
Die Warnung erfolgt über ein aufleuchtendes LED im Bereich des Seitenspiegels oder bei höherer Warnstufe über ein akustisches Signal. Bei einigen System kann die Gefahr auch durch ein Vibrieren des Sitzes, des Lenkrads oder des Blinkhebels angezeigt werden. Darüber hinaus gibt es Systeme, die mit einem Spurhalteassistenten gekoppelt sind. Diese können bei drohender Gefahr einen Spurwechsel verweigern und dafür Sorge tragen, dass das Auto in der Spur bleibt.
Der Spurwechselassistent funktioniert auch dann, wenn der Blinker nicht gesetzt wird. Er erkennt anhand des Lenkverhaltens, ob Sie einen Spurwechsel planen. Erkennt er eine Gefahr, löst er Alarm aus. Bei den meisten Systemen leuchtet zuerst die LED auf, deren Intensität sich bei einigen Herstellen bei schwindender Entfernung zu dem registrierten Objekt steigern kann.
Auch wenn ein Spurwechselassistent hilft Unfälle zu vermeiden – ein Ersatz für den Schulterblick ist er nicht. Ihre Aufmerksamkeit ist trotz der technischen Unterstützung nach
wie vor gefordert.
Welche zusätzlichen Funktionen kann ein Spurwechselassistent bieten?
Einige Systeme können mehr bieten als nur eine Überwachung des Fahrzeugumfeldes beim Spurwechsel. Auch beim Ausparken erweist sich der Spurwechselassistent als äußerst nützlich, indem er vor herannahenden Fahrzeugen warnt, die der Fahrer selbst erst zu spät bemerken kann. Ähnlich verhält es sich beim Aussteigen. Gerade Radfahrer werden hier oft übersehen.
Ausgereifte PreCrash-Systeme können Maßnahmen einleiten, die die Folgen einer nicht mehr zu verhindernden Kollision abmildern können. Hierzu gehört zum Beispiel das Ausrichten der Kopfstützen oder das Festziehen der Sicherheitsgurte.
Wann spricht man von einem aktiven Spurwechselassistent?
Ein aktiver Spurwechselassistent ist in der Lage, bei drohender Gefahr in das Geschehen einzugreifen. Eine entsprechende Weiterentwicklung des Systems wurde 2010 von Mercedes vorgestellt. Der hier entwickelte Spurwechselassistent bringt das Fahrzeug mithilfe einer einseitigen Bremsung zurück in die Spur, wenn es eine Bedrohung im toten Winkel wahrnimmt. Eine weitere Neuerung entwickelte der renommierte Fahrzeughersteller wenige Jahre später. Bei der neuen Generation des Spurwechselassistenten genügt es, den Blinkhebel für mehr als zwei Sekunden zu halten. Das Fahrzeug wechselt anschließend ohne weiteres Zutun des Fahrers auf die benachbarte Spur. Auch BMW und Tesla bieten entsprechende aktive Spurwechselassistenten an.
Kann ein Spurwechselassistent nachgerüstet werden?
Viele Fahrzeuge verfügen heute bereits ab Werk über einen Spurwechselassistenten. Es ist allerdings auch möglich, das System nachzurüsten. Leider ist dies manchmal – je nach Modell – nur mit eingeschränkten Funktionen möglich. Gängige Einbau-Sets bestehen aus zwei Radarsensoren, die am hinteren Teil des Fahrzeuges verbaut werden. Ein kompetenter Kfz-Mechatroniker verbindet den Spurwechselassistenten mit der Fahrzeugelektronik und kann sogar erreichen, dass das System bei Gefahr aktiv in das Geschehen eingreifen kann.